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Waldwachstum

Die Einführung des Prinzips der Nachhaltigkeit in die forstliche Praxis am Ende des 18. Jahrhunderts beflügelte die Entwicklung der Forstwissenschaften. Anfangs ging es unter dem Eindruck devastierter Wälder und großer Holzknappheit vor allem um wissenschaftlich fundierte Planungsgrundlagen zur Sicherung nachhaltiger Holzerträge. Man benötigte umfangreiches Wissen über die Produktionsgrundlagen, das Wachstum und den Waldbau, um die Waldnutzung nachhaltig räumlich und zeitlich zu regeln.

Die Ertragskunde gehört seit 150 Jahren zu den Kernbereichen des forstlichen Versuchswesens. 1871 begann das Land Preußen, ein wenig später auch die Länder Braunschweig und Hessen, mit der gezielten Anlage forstlicher Versuche, die zum Teil noch heute von der NW-FVA regelmäßig aufgenommen und ausgewertet werden. Mittlerweile betreuen wir rund 750 Versuchsflächen von Flensburg bis Darmstadt und vom Rheinland bis kurz vor Berlin.

Forschung und Monitoring ständig erweitert

Zu Beginn des Versuchswesens standen vor allem Anbau- und Ertragsversuche im Vordergrund, um die grundsätzliche Anbaueignung neuer Baumarten vor allem aus Amerika wie zum Beispiel Douglasie und Küstentanne zu untersuchen. Dabei ging es vor allem um das Leistungsvermögen dieser Baumarten auf bestimmten Standorten bei definierten Behandlungskonzepten sowie um deren Widerstandskraft gegen biotische und abiotische Schadeinwirkungen.

Durch die Entwicklung der Waldbaukonzepte zu mehr Naturnähe sind vermehrt Mischbestands-, Verjüngungs- und Standraumversuche angelegt worden, um die Interaktionen von verschiedenen Baumarten eines Mischbestandes fundiert zu untersuchen. Dabei liegt der Fokus vor allem auf einem vermehrten Struktur- und Baumartenreichtum sowie der Bevorzugung von natürlicher Verjüngung.

Langfristige und individuelle Versuchsflächengestaltung

Die Aufnahme der Bäume auf den Versuchsflächen erfolgt über teils sehr lange Zeiträume und allein schon aus diesem Grund nicht immer durch dieselben Wissenschaftler:innen. Es ist deshalb unabdingbar, die einzelnen Versuchsparzellen mit den darauf stehenden Bäumen genau zu vermessen und zu nummerieren, so dass die Wiederholungsaufnahme immer am gleichen Baum stattfindet und eine genaue Zuwachsermittlung ermöglicht wird.

Die Anlage und die Gestaltung dieser Versuchsflächen erfolgt ausgehend von den wissenschaftlichen Fragestellungen individuell. Die Aufnahme und Auswertung erfolgt in regelmäßigen Abständen unter anderem durch die Sachgebiete Ertragskunde und Waldverjüngung der Abteilung Waldwachstum. Die Ergebnisse dieser Aufnahmen finden auch in anderen Abteilungen der NW-FVA wie Umweltkontrolle, Waldschutz und Waldgenressourcen in Kombination mit deren Aufnahmen zum Standort und weiteren Parametern Verwendung.

Neben der Aufnahme der Versuchsflächen, die teilweise für sehr spezielle Fragestellungen angelegt worden sind, werten wir im Sachgebiet Waldinventur, Informatik und Biometrie auch Betriebsinventuren ganzer Forstbetriebe oder für ganze Bundesländer im Rahmen der Bundeswaldinventuren aus.

Klimawandel verändert Forschungsbedarf

Gegenwärtig stellt der Klimawandel eine sehr ernst zu nehmende Bedrohung für die Wälder dar. Sein schnelles Fortschreiten verursacht bereits jetzt große Schäden und auf vielen Standorten wird künftig die Anpassungsfähigkeit heute dort wachsender Wälder und Baumarten überschritten. Davon betroffen wären neben der Produktivität im Hinblick auf die nachhaltigen Nutzungsmöglichkeiten der umweltfreundlichen Ressource Holz und die Kohlenstoffspeicherung auch elementare Waldfunktionen der Daseinsvorsorge wie der Wasser- und Erosionsschutz sowie der Ausgleich des Regionalklimas.

Vor diesem Hintergrund haben sich die Forschungsinhalte und damit auch das Monitoring stark erweitert und hat sich der Fokus im Zeichen des Erfordernisses klimaresilienter Mischwälder und naturnaher Waldbaukonzepte stark verändert. Aus dem zunehmenden Strukturreichtum der Wälder ergeben sich Interaktionen und komplexere Zusammenhänge, deren Erforschung die Grundlage praktischer Entscheidungshilfen für ihre Behandlung und Bewirtschaftung ist.

Beteiligte Sachgebiete:
Publikationen:

Spellmann H., Meesenburg H., Schmidt M., Nagel R.-V., Sutmöller J., Albert M. (2015): Klimaanpassung ist Vorsorge für den Wald. Strategien zur Stabilisierung der Wälder - ohne Aktionismus. proWALD-Magazin des Deutschen Forstvereins (11): 4-10. (PDF)

Spellmann H., Rudolph J., Döbbeler H., Nagel J. (2015): Verbundvorhaben: Sicherung der Nadelrohholzversorgung in Norddeutschland; Teilvorhaben 1a: Holzaufkommen und verwendungsorientierte Waldbauplanung für Nadelbaumarten (PDF). Schlussbericht der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt.

Spellmann H., Nagel R., Rumpf H., Meyer P., Nagel J. (2006): Die Abteilung Waldwachstum der NW-FVA. AFZ-DerWald 61(14): 743-745.