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Genetische Vielfalt

Neben der Vielfalt der Ökosysteme und der Arten bildet die genetische (=innerartliche) Vielfalt die dritte Säule der Biodiversität. Eine große genetische Variationsbreite dient gerade bei langlebigen Organismen wie unseren Bäumen als „Versicherung“ gegen Umweltveränderungen und gewährleistet langfristig deren Anpassungs- und Leistungsfähigkeit.

Gerade der Klimawandel mit sich kurzfristig ändernden Rahmenbedingungen lässt die Wald- und Forstwirtschaft der Zukunft zu einer Unwägbarkeit werden. Im Waldbau ist schon früh erkannt worden, dass vor diesem Hintergrund jede Veränderung des Genpotenzials von Bäumen mit großen Bedenken gesehen werden muss. Die Forstgenetik ist daher vor die Aufgabe gestellt, herauszufinden, wie sich die Überlebenschancen unserer Arten in genetisch-ökologischer Sicht darstellen (Burschel 1989).

Die genetische Vielfalt ist bedroht

Von Natur aus sind Bäume mit effizienten Mechanismen zur Aufrechterhaltung genetischer Vielfalt ausgestattet, um sich an ständige Umweltveränderungen anpassen zu können. Allerdings hat menschliches Handeln deutliche Spuren in der genetischen Ausstattung unserer Wälder hinterlassen. Dazu zählen großflächige Rodungen, die Aufforstung mit nicht angepasstem Saat- oder Pflanzgut, waldbauliche Verfahren oder auch die Veränderung ganzer Landschaftsstrukturen. Dadurch sind natürliche Anpassungsprozesse nicht nur unterbrochen, sondern vielerorts Anpassungsmuster, die über längere Zeiträume entstanden sind, vollständig ausgelöscht worden.

Eine hohe genetische Vielfalt sichert die Anpassungsfähigkeit unserer Baumarten und ist ein wichtiger Baustein für die Klimaanpassung unserer Wälder. Forstwirtschaftliches Handeln hat einen großen Einfluss auf die genetische Vielfalt unserer Wälder. Deshalb beschäftigt sich die Abteilung Waldgenressourcen nicht nur mit der Erfassung genetischer Vielfalt, sondern auch mit der Entwicklung von waldbaulichen Strategien zu deren Erhaltung und nachhaltigen Nutzung.

Forstgenetische Forschung schafft Grundlagen für nachhaltige Waldwirtschaft

Die Abteilung Waldgenressourcen an der NW-FVA untersucht die genetische Vielfalt von Baumarten auf verschiedenen räumlichen Skalen. Dazu gehören

  • Anpassungen verschiedener geographischer Herkünfte innerhalb der natürlichen Verbreitungsgebiete an unterschiedliche abiotische und biotische Umweltbedingungen,
  • potentielle genetische Anpassungspotentiale vor Ort (Bestandesebene) sowie
  • die individuelle genetische Ausstattung (Einzelbaumebene).

Auch wenn heute moderne Labormethoden eingesetzt werden, bleiben Feldversuche künftig ein unverzichtbarer Bestandteil zur Untersuchung genetischer Vielfalt (Züchtung und Prüfung forstlichen Vermehrungsgutes). Dazu zählen u.a. die Provenienzforschung (Untersuchung der Leistungs- und Anpassungskapazitäten unterschiedlicher Herkünfte einer Baumart) und Methoden der quantitativen Genetik (Nachkommenschaftsprüfungen von Bestandes- und Einzelbaumabsaaten oder gelenkten Kreuzungen; Prüfung von vegetativ vermehrtem Material).

Maßnahmen zur Erfassung genetischer Ressourcen und für die Planung von Erhaltungsprogrammen unterliegen einem genetischen Qualitätsmanagement. Dabei haben sich Genmarker-Analysen (DNA, Isoenzyme) zu einem integralen Bestandteil entwickelt. Für ökologisch-genetische sowie populationsbiologische Fragestellungen sind hohe Probendurchsätze erforderlich, auf die das Labor des Sachgebietes Forstgenetische Analysen spezialisiert ist.

Referenzen

Burschel P. (1989): Waldbau-Forstgenetik-Forstpflanzenzüchtung. Forst und Holz 24, 665-673.

Beteiligte Sachgebiete:
Publikationen:

Höltken A.M., Hardtke A., Steiner W. (2021): Anpassungspotenziale heimischer Baumarten. In: Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Hrsg.), Waldzustandsbericht 2021 für Niedersachsen. S. 30-33. https://doi.org/10.5281/zenodo.5636080

Hardtke A., Steiner W. (2020): Eichenplusbäume und deren Verwendung. In: Liesebach M. (Hrsg.), Forstpflanzenzüchtung für die Praxis : 6. Tagung der Sektion Forstgenetik/Forstpflanzenzüchtung vom 16. bis 18. September 2019 in Dresden ; Tagungsband, Thünen Report, Bd. 76. Johann Heinrich von Thünen-Institut, S. 9-22 (PDF).

Höltken A.M., Eusemann P., Kersten B., Liesebach H., Kahlert K., Karopka M., Kätzel R., Kuchma O., Leinemann L., Rose B., Tröber U., Wolf H., Fussi B. (2020): Das Verbundprojekt GENMON: Einrichtung eines genetischen Langzeit-Monitorings in Buchenbeständen (Fagus sylvatica L.). In: Liesebach M. (Hrsg.), Forstpflanzenzüchtung für die Praxis : 6. Tagung der Sektion Forstgenetik/Forstpflanzenzüchtung vom 16. bis 18. September 2019 in Dresden ; Tagungsband, Thünen Report, Bd. 76. Johann Heinrich von Thünen-Institut, S. 230-245 (PDF).

Paul M., Steiner W., Schleich S., Lau M., Leisten D., Moos M., Schmidt C. (2020): Samenplantagen und Mutterquartiere als Beitrag zur Biologischen Vielfalt. In: Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Hrsg.), Waldzustandsbericht 2020 für Niedersachsen. S. 31-34 (PDF).

Höltken A.M., Hennig A., Kleinschmit J., Arndt H.J., Steiner W. (2017): Erhaltung und Produktion gebietseigener genetischer Vielfalt in Ex-situ-Populationen. Umsetzung der Ergebnisse aus DNA-Studien am Wildapfel. Naturschutz und Landschaftsplanung 49(4): 126-134 (PDF).

Janßen A., Kleinschmit J., Höltken A., Steiner W. (2015): Genressourcen-Management in Norddeutschland. AFZ-DerWald 70(11): 16-18 (PDF).